Regelleistungsvolumen - Neufassung der "Hinweise zur Bewertung von Arztpraxen" - Kassenzulassung als nicht abschreibbares Wirtschaftsgut
Wie pass das alles zusammen?
Horst Stingl / Peter Goldbach Kiel, Februar 2009
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Die Form der Argumentation ist nicht gerade anständig in diesen Zeiten, in denen die Ärzte wahrlich nichts zu lachen haben. Wir bitten daher um Nachsicht für den launigen Sarkasmus der folgenden Argumentationen.
Wenn das Finanzamt bzw. die Finanzgerichte gewusst hätten, wie sich bei manchem Arzt die Einführung des Regelleistungsvolumens (RLV) auswirkt, wäre es bei der richtigen Argumentation wahrscheinlich nicht mehr zu einem Streit um den Zulassungswert gekommen.
Eigentlich müssten sich die Ärzte freuen, dass ihnen wenigstens das Finanzamt noch einen ordentlichen Wert für die Möglichkeit, als Arzt in einem gesperrten Gebiet tätig zu sein, zuweist.
Dieser besondere Wert beruht auf der Möglichkeit, als Vertragsarzt mit der kassenärztlichen Vereinigung des Bundeslandes einen Vertrag abschließen zu „dürfen“. Das ist Inhalt des Zulassungswertes. Als Privatarzt darf sich jeder an jedem Ort zu jeder Zeit niederlassen.
Nachdem nun die RLV (Regelleistungsvolumen) bekannt gegeben worden sind und diese auch nichts anderes sind als eine Budgetgrenze, einziger Vorteil nicht mehr in Punkten, sondern original in Euro ausgedrückt, fragen sich viele Ärzte, „Ist meine Gesamtpraxis überhaupt noch etwas wert?“ Insbesondere der Teil, den das Finanzamt als so besonders werthaltig herausstellt, nämlich die reine budgetierte Vertragsarzttätigkeit.
Gehen wir einmal nach den neuen Hinweisen zur Bewertung von Arztpraxen der Bundesärztekammer und der kassenärztlichen Bundesvereinigung vor. Auch wenn es an diesen „Hinweisen zur Bewertung von Arztpraxen“ methodisch und inhaltlich einiges zu bemängeln gibt.
Darin wird der ideelle Wert, ausgehend vom übertragbaren Umsatz, berechnet.
Dieser übertragbare Umsatz zur Ermittlung eines “Zulassungswertes“ kann sich aber denklogisch nur auf die KV-Umsätze beziehen.
Nehmen wir z.B. einen Facharzt für Allgemeinmedizin mit 1.000 Fällen. Dies dürfte schon nahezu über dem bundeseinheitlichen Durchschnitt (dieser liegt wahrscheinlich eher zwischen 850-1.000 Fällen) sein. Der durchschnittliche Fallwert der Fachgruppe variiert zwischen € 33 und € 44, also im Schnitt bei ca. € 38. 1.000 Fälle im Quartal mit € 38 RLV ergeben somit € 38.000 im Quartal. Dies sind im Jahr € 152.000. Dieses festgeschriebene Volumen ist das nach den Honorarverträgen mit der KV auf einen Nachfolger übertragbare nahezu gesicherte Volumen. Um allerdings 1.000 Fälle, das heißt im Zweifel 1.000 Patienten im Quartal zu behandeln, sind die dazu notwendigen, als übertragbare Kosten bezeichneten Aufwendungen, abzuziehen. Erst dann erhält man den übertragbaren Gewinn. Um dieses Volumen an Patienten zu bewältigen, werden mindestens 3-4 Helferinnen und Räume von 100-120 m² benötigt. Auch eine Mindestausstattung an üblichen Geräten, bei Allgemeinärzten sicherlich mit insgesamt € 100.000 ausreichend bemessen, ist notwendig. Bei 4 Angestellten einschließlich Sozialabgaben und tarifüblichen Zusatzleistungen dürften so um die € 80.000 p.a. anfallen. Für 100 m² Raumkosten warm sind € 12 je m² sicherlich eher am unteren Ende. Somit können wir von ca. € 15.000 Raumkosten p.a. ausgehen. Die übrigen Kosten der Verwaltung und Organisation, u.a. EDV, betragen am unteren Rande € 500 monatlich, das sind € 6.000 jährlich. Zinsen und Tilgung für Praxiseinrichtung bei der oben genannten Investition in Höhe von € 100.000 sind jährlich mit mindestens € 10.000 anzusetzen. Damit bleibt ein übertragbarer Gewinn von maximal € 41.000. Davon ist ein alternatives Arztgehalt abzuziehen. Dieses ist mit € 76.000 bei mindestens € 240.000 Umsatz anzusetzen. Da wir lediglich € 152.000 Umsatz aus dem übertragbaren Regelleistungsvolumen ansetzen, entfallen etwa 65 % des kalkulatorischen Gehaltes auf diesen Kassenbereich. Das sind dann € 49.400.
Danach verbleibt kein übertragbarer nachhaltig erzielbarer Gewinn mehr. Das heißt, da es nach dieser Rechenmethode auch keinen materiellen und ideellen Wert mehr gibt, kann ein Zulassungswert ebenfalls nicht mehr ermittelt werden.
Die Argumentation, man könne ja, da die Praxis schon mal da ist, auch Privatpatienten behandeln, weil ja nach „Abarbeiten“ der bezahlten RLV-Patienten die anderen Umsätze unter Ausnutzung der Sowieso-Kosten in die eigene Tasche gingen, ist für den „Zulassungswert“ nicht ohne weiteres statthaft.
Zu berücksichtigen sind aber außerbudgetäre Kassenleistungen, deren Bezahlung von einer Zulassung als Vertragsarzt abhängen. Der Gewinn daraus wäre noch mit dem bisher noch nicht verrechneten Unternehmergehalt zu kompensieren.
Nach Einführung der RLV ist in Fällen des Praxiskaufs zu rechnen, ob die „Kassenzulassung“ als Grundlage zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung wirtschaftlich noch etwas wert ist. Zumal es bei Hausärzten immer mehr zulassungsfreie Gebiete gibt, in denen der dort Niedergelassene die gleichen Umsätze mit der KV erzielt wie der Kollege nebenan im gesperrten Gebiet.
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