Die neue Herausforderung bei der Bewertung von MVZ und Berufsausübungsgemeinschaften
Horst Stingl / Peter Goldbach
Die Gründung von Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) und Berufsausübungsgemeinschaften (BAG) wird seit dem Vertragsarztrechtsänderungsgesetz praktiziert und intensiv betrieben.
Dabei gibt es viele Spezialaufgaben zu lösen, die die Ärzte und Zahnärzte vor dem Vertragsarztrechtsänderungsgesetz nicht zu interessieren brauchten, weil diese Gestaltungen berufsrechtlich schlicht nicht möglich waren. Durch die grundsätzlich zu begrüßenden neuen Gestaltungsfreiheiten lauern Fallstricke in arztrechtlicher, zulassungsrechtlicher, steuerrechtlicher, zivilrechtlicher und wirtschaftlicher Betrachtung bei unbedachter Umsetzung.
Über Spezialprobleme rechtlicher Art wird noch in anderen Artikeln berichtet. Dazu gibt es auch schon durchaus vernünftige Literatur, so dass dies im Augenblick nicht das Thema sein soll.
Vielmehr geht es um eine ganz besondere bewertungsrechtliche Problematik – oder besser: um eine Nicht-Bewertungsproblematik – beim Eintritt bzw. Zusammenschluss in solche MVZ oder BAG.
Erfreulich ist, dass Ärzte und Zahnärzte die gegebenen neuen Möglichkeiten aufgreifen und beginnen, unternehmerisch zu denken und nach Kollegen Ausschau zu halten, die sich erweiterte Praxisziele und neue Strategien setzen wollen. Wenn dann die ersten Kontaktgespräche geführt sind und alle Beteiligten mit positiver Stimmung die Fortschritte bei Steuerberater und Rechtsanwalt voranbringen, kommt spätestens dann die Frage auf: sind alle Wertverhältnisse gleich?
Denn unabhängig von der Gewinnverteilung, die nach tatsächlicher Tätigkeit gestaltet werden kann, wird bei den echten MVZ und BAG’s die Praxis ins Gesamthandsvermögen eingebracht. Damit darüber später kein Streit entsteht, ist es unabdingbar, bereits beim Eintritt die Wertverhältnisse der einbringenden Praxen untereinander aber auch den absoluten Wert festzustellen.
Des Weiteren sollte für Fälle der Auseinandersetzung die Methode der Berechnung der Ausscheidenswerte ebenfalls festgelegt werden. Diese sollten nach den Regeln der Anfangsbewertung erfolgen.
Nur Vordergründig scheinbar lässt sich das Problem ausklammern, wenn geregelt wird, dass die einzelnen Praxen nicht eingebracht werden, sondern im jeweiligen Sonderbetriebsvermögen der bisherigen Praxisinhaber verbleiben und „nur“ das Neugebilde zählt, das bei „0“ begonnen wird. Zunächst denken dann alle, da die Partner das gleiche Ziel verfolgen, dass die Anteile nunmehr nach Köpfen verteilt werden können. Aber auch dies ist bereits im Ansatz falsch, wenn die Ressourcen bzw. die Potentiale der teilnehmenden Praxen verschieden sind. So kann z.B. die eine Praxis mit Qualitätsmanagement, Zielvorgaben und schon gelebter strategischer Ausrichtung einen viel größeren Erfolgsbeitrag für das Gesamtgebilde liefern als eine andere Praxis, die ebenfalls teilnehmen will, dieses Ziel aber erst noch erreichen muss.
Bei der Betrachtung, dass die bisherigen Praxen im Sonderbetriebsvermögen der Partner verbleiben, steckt letztlich die Vorstellung, dass das wesentliche Vermögen die materiellen Güter darstellen. Das eigentliche Vermögen ist jedoch der Geschäftswert oder auch Good-Will, der mehr ist als nur der Patientenstamm. In ihm drückt sich aus, wie die einzelnen Praxen unter effizientem Einsatz ihrer Betriebmittel in der Lage sind, ihre Patienten zu vollster Zufriedenheit bei hoher Qualität zu behandeln und gleichzeitig den höchsten Nutzen (Ertrag) zu erzielen. Eine Praxis, die dies durch Entwicklung und Training gelernt hat, wird sich nicht zum selben Wert einbringen wie eine der – leider noch üblichen - Normalpraxen, die durchschnittlich vor sich hin arbeiten.
Aus eigener Erfahrung, weil die Fälle sich häufen, in denen der Verfasser streitige Auseinandersetzungen schlichten oder bewerten muss, weil eben zu Beginn keine Werte und Verhältnisse zueinander festgestellt wurden, kann nur geraten werden, bei der Einbringung der Praxis in ein MVZ oder in eine BAG rechtzeitig vorab die Einbringungswerte festzustellen.
Nebenbei erhalten die Praxen einen Wert über ihren bisherigen Erfolg und können zudem daraus ableiten, ob Verbesserungen möglich sind und vorgenommen werden können.
Haben Sie Fragen zur Bewertung Ihrer Praxis oder der richtigen Gestaltung des Kaufpreises bzw. der Transaktion der Praxis und Zulassung?
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